Die 'Erbfeindschaft' zwischen Deutschland und Frankreich

Die sogenannte Erbfeindschaft zwischen Deutschland und Frankreich hat das Verhältnis zwischen den beiden Nationen lange vergiftet und leider auch in zwei Weltkriegen Ausdruck gefunden. Überwunden wurde sie im Prozess der europäischen Einigung erst nach dem Zweiten Weltkrieg.
Erbfeindschaft Deutschland Frankreich
Einzug Napoleons durch das Brandenburger Tor, nach der siegreichen Schlacht bei Jena und Auerstedt. Berlin, 27. Oktober 1806. ( Public Domain (CC0) )

Erbfeindschaft und Erster Weltkrieg

Als Deutschland 1914 in den 1. Weltkrieg eintrat, hatten zuvor eine jahrelange Großmachtpropaganda und eine gezielte Pressepolitik dafür gesorgt, dass die öffentliche Meinung im Lande in eine regelrechte „Kriegsbegeisterung“ umschlagen konnte. Um diese kriegseuphorische Stimmung zu erzeugen, hatte man alles bemüht, was an Legenden zur Verfügung stand. Von „Gold gab ich für Eisen“ bis zum „Erbfeind Frankreich“ reichten die Parolen. Insbesondere der „Erbfeind“-Mythos wurde so aufgetürmt, dass er von den Nazis 25 Jahre später fast unverändert übernommen werden konnte.

Das mittelfränkische Reich – Zankapfel über ein Jahrtausend

Um einen Erbfeind zu haben, muss man zuallererst über Vorfahren verfügen, in deren Tradition man sich weiterhin um den gleichen Gegenstand streiten kann. Dieser war immerhin mit dem Untergang des mittelfränkischen Reich 855 gegeben. Das Westfränkische Reich, aus dem Frankreich entstand, und das Ostfränkische Reich, das damals schon von Ludwig dem Deutschen regiert wurde, erhoben nun wechselweise immer wieder Ansprüche auf Gebiete wie Burgund oder Lothringen. Allerdings wurde die Sache nicht als Erbfeindschaft betrachtet, sondern als Familienzwist. Im Laufe der Jahrhunderte geriet selbst diese Klassifizierung in Vergessenheit. Kriege um Ländereien waren gang und gäbe und bedurften keiner ideellen Verklärung.

Der Begriff des Erbfeindes

Die Begriffsprägung vollzog denn auch der ideelle Träger des Mittelalters – die katholische Kirche. Er galt damals allgemein den Vertretern der arabischen Konkurrenzideologie. Auf Frankreich sprang der Titel „Erbfeind“ über, als es sich im 17. Jahrhundert nicht an der „Heiligen Liga“ gegen das expansive Osmanenreich beteiligte und sich während des Kampfes zwischen den religiösen „Erbfeinden“ lieber Elsass und Lothringen einverleibte. Folgende Kriege, wie der Kurpfälzische oder der Schlesische, bemühten den Begriff „Erbfeind“ kaum. Der große Preußenkönig Friedrich II., Hauptkriegsgegner der verbündeten Bourbonen und Habsburger, sprach lieber Französisch als Deutsch, und bis zur französischen Revolution war Frankreich das Maß der Dinge für den europäischen Adel.

Erbfeindschaft Deutschland-Frankreich im Rahmen nationaler Konkurrenz

Erst mit der Ausprägung der nationalen Identität in Deutschland, die durch die Befreiungskriege gegen Napoleon den entscheidenden Impuls bekam, wurde der „Erbfeind“ zum festen Begriff. Identität durch Abgrenzung ist zudem einfacher zu bewerkstelligen. Da Frankreich das Erstarken seines großen östlichen Nachbarn zu verhindern suchte, fanden sich auch genügend Anlässe, wie z.B. die Rhein-Krise von 1840. Spätestens, als das deutsche Kaiserreich 1871 nach siegreichem Feldzug im Schloss von Versailles proklamiert wurde, fühlten sich auch die Franzosen als „Erbfeinde“. Das wiederum führte nach dem 1. Weltkrieg zum Vertrag von Versailles. Die sinnlose Spirale der „Erbfeindschaft“ wurde erst nach dem 2. Weltkrieg beendet.

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